Über die Künstlerin"Ihre
starkfarbigen, kraftvollen Bilder, abstrakte Acryle, Gouachen und Collagen sind spontane
Botschaften ihrer Lebensfreude, Vexierbilder der Phantasie: von Rot zu Blau erwecktes
Gelb.
Wyss'sche Bilder sprechen ihre eigene unverwechselbare Sprache. Sie künden vom Gesetz der
Veränderung und der Rhythmik der Gegensätze, in deren Spannungsfeld sich das Leben
ereignet. - Zwischen Tag und Nacht, Winter und Sommer, Wachen und Traum, Glück und
Traurigkeit.
Entsprechungspaare finden wir deshalb wieder, verschlüsselt im bewegten Fluß ihrer
abstrakten Malerei: Sonne und Mond, Mann und Frau, Hand und Fuß, Vogel und Fisch. Gelegte
Spuren in einem Rebus, in dem wir mit der Künstlerin auch uns selbst entdecken. Frei vom
negativen Zeitgeist, der so manche Kunstausstellung entarten zu kollektiver Bestrafung.
"Omnia mea mecum porto" hat die Künstlerin auf einen ihrer leuchtenden
Farbteppiche geschrieben, die mit lesbaren Botschaften ansonsten recht sparsam umgeht und
ihre Bilder deshalb nur ungern betitelt. "All das Meine trage ich mit mir",
bekennt sie stolz ihre Freiheit - Lohn für den Kampf mit sich selbst, der überall Heimat
und ein Ende der Angst verheißt. Rechtzeitg schnüren sollte ein jeder, so gut er kann,
dies rettende Bündel.
Längst ist das Muster gemacht, nach dem wir agieren. Rot - Blau - Gelb, und genau in
dieser Reihenfolge signiert Ruth Wyss, vielleicht unbewußt, farbig ihre Visitenkarten.
Von Rot zu Blau erwacht des Gelb: Dem Kampf folgt der Frieden, und dem Frieden die
Freiheit. Und erst dann erwacht mächtig das Grün."
Peter Bachhuber, "Tegernseer Tal",
Ausgabe Winter 93/94 |